Ukrainische Flüchtlinge sind nur Mütter mit kleinen Kindern? Eine Klarstellung.
Exkurs zu Beginn: Die humanitären Prinzipien gelten für alle
Zentrale Grundlage der deutschen humanitären Hilfe sind die humanitären Prinzipien. Sie beruhen auf den auf der Basis des humanitären Völkerrechts entwickelten Grundsätzen der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung. Die Prinzipien "Menschlichkeit", "Neutralität" und "Unparteilichkeit" wurden mit der Resolution 46/182 der VN-Generalversammlung aus dem Jahr 1991 als Basis der weltweiten humanitären Hilfe anerkannt. Sie wurden mit der Resolution 58/114 aus dem Jahr 2003 um das Prinzip der "Unabhängigkeit" erweitert.
Das Prinzip der Menschlichkeit gebietet, menschliches Leid wo immer möglich zu lindern und dabei den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Das Prinzip der Unparteilichkeit besagt, dass sich die Hilfe allein nach der Bedürftigkeit richtet. Sie darf nicht zwischen Bevölkerungsgruppen oder etwa aufgrund von Alter, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit diskriminieren.
Quelle: www.auswaertiges-amt.de
Wer ist also ein "echter Ukrainer", eine "echte Ukrainerin"?
Unsere Kollegin Gisela Gerdes ist mit dieser Frage in ihrer Arbeit in den letzten Tagen MItte März 2022 konfrontiert worden und mit der Annahme, es käme eine homogene Flüchtlingsgruppe, die es in der Realität natürlich nicht geben kann. Die medialen Bilder von "Frauen bzw. flüchtenden Müttern mit ihren Kindern" sind überrepräsentiert und verzerren das eigentlich doch viel heterogenere Bild. Ganz unterschiedliche Menschen sind gezwungen vor diesem gewalttätigen Krieg zu fliehen, der jede/n in der Zivilgesellschaft (absichtlich?) nicht zu verschonen scheint.
Hier ihre Aufstellung die etwas Klärungbringen soll, verbunden mit dem Appell JEDEM und JEDER in Not zu helfen! Gemäß den oben ausgeführten humanitären Prinzipien und im Einklang mit den Werten unserer Caritas-Jahreskampagne #DasMachenWirGemeinsam:
Aufgrund einer E-Mail "Ich habe gehört, dass Ukrainer dunkelhäutig sind..." und diversen anderen Vorurteilen, die mir in den letzten drei Wochen begegnet sind, möchte ich Ihnen gerne einige Informationen zur Ukraine geben:
Die Ukraine hat ca. 45,7 Millionen Einwohner. Die Bevölkerung besteht in der Mehrheit zu ca. 73% aus Ukrainern. Ca. 22%, das sind ungefähr 11,4 Millionen, sind Russen. Außerdem leben in der Ukraine ca. 486.000 Juden, 440.000 Weißrussen, 325.000 Moldawaner, 300.000 Krimtataren, 233.000 Bulgaren, 219.000 Polen,163.000 Ungarn, 135.000 Rumänen und 40.000 Deutsche und viele Angehörige anderer Völker.
Die Staatssprache ist ukrainisch, im Alltag wird häufig russisch gesprochen, aber auch polnisch, slowakisch, rumänisch, ungarisch, gagausisch -- je nachdem wo man in der Ukraine lebt.
Darüber hinaus leb(t)en dort auch Flüchtlinge, bspw. Syrer, die nach Ausbruch des Krieges in Syrien dort ein neues Leben begonnen haben sowie Ehepaare, die unterschiedliche Staatszugehörigkeiten haben.
In der Ukraine gibt es viele Universitäten, die einen regen Studentenaustausch mit Ländern der ganzen Welt pflegen; afrikanischen Ländern zum Beispiel.
In der Ukraine ansässig sind bekannte Unternehmen aus der Stahlindustrie, dem Flugzeugbau und der Chemieindustrie. Die UNESCO hat die ostukrainische Stadt Donezk 1970 als die beste Industriestadt der Welt bezeichnet.
Genauso vielfältig, wie die Volksangehörigen, die in der Ukraine leben, sind auch die Religionszugehörigkeiten. Die Mehrheit, d.h. ca. 38% leben ohne Religionszugehörigkeit, 19% sind orthodox, 16% ukrainisch orthodox, 9% ukrainisch-griechische Katholiken, 6% gehören jüdischen und protestantischen Glaubensrichtungen an. Aber auch Angehörige anderer Religionen leben in der Ukraine.
Sie wissen vermutlich, dass die Ukraine 1986 schwer von der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl getroffen wurde. Seit 1991 ist Kiew die Hauptstadt der unabhängigen Ukraine.
Zusammenfassend bedeutet dies, dass die hier ankommenden Flüchtlinge aus allen möglichen Ländern stammen können, verschiedene Sprachen sprechen und verschiedenen Glaubensrichtungen angehören. Auch Männer kommen, die ihre Familien begleiten, da es auch für sie die Möglichkeit gibt, aus verschiedenen Gründen vom Militärdienst freigestellt zu werden. Auch sie sind Kriegsflüchtlinge, die Schutz bedürfen!
Wir bitten darum, sie alle ausnahmslos mit offenen Armen zu empfangen. Sie alle haben ihre Heimat verlassen weil sie vor Krieg und Gewalt geflüchtet sind und Schreckliches aufgrund des russischen Angriffskrieges und der verübten Kriegsverbrechen erleben mussten!
Zusammenstellung: Gisela Gerdes. Redaktionell überarbeitet von: Erik Lehwald.
Daten aus: https://goruma.de/laender/europa/ukraine